Zwitschern im Klassenzimmer – Twitter für den Unterricht
Digitalen Medien bestimmen zunehmend unser Leben. Ob eingekauft, nach dem Weg gesucht oder kommuniziert wird – immer sind sie, meist in Form eines Smartphones, ein treuer Begleiter. Nur ein kleines gallisches Dorf scheint sich zu weigern: die Schule. Dabei könnte gerade sie mit kleinen Projekten helfen, die Schüler für Möglichkeiten und Gefahren zu sensibilisieren. Ein Gastbeitrag von Lehrer und Blogger Bob Blume.
Prinzipiell kann Twitter im Unterricht für jedes Fach als methodische Erweiterung eingesetzt werden. Ziel muss dabei aber immer sein, einen wirklichen Nutzen zu erhalten – es geht nicht darum, im Unterricht „rumzuspielen“. Der Nutzen kann, kurz gesagt, auf drei Ebenen erfolgen:
- Die Öffnung des Unterrichts zur „Außenwelt“
- Die gemeinsame Rückmeldung zu Beiträgen
- Die Möglichkeit, Recherchefunde direkt zu teilen
Und nicht zuletzt ist die Motivation der Schülerinnen und Schüler nicht zu unterschätzen, die für sie bekannten Plattformen im Unterricht zu nutzen.
But first things first: Bevor losgezwitschert wird, gilt es ein paar Dinge zu beachten und sich mit den technischen Voraussetzungen vertraut zu machen.
Technische Voraussetzungen – Ohne Netz geht es nicht
Um ein Projekt mit Twitter im Unterricht durchzuführen, sollten zunächst die technischen Gegebenheiten an der Schule geklärt werden. Am schnellsten geht es sicherlich, wenn der Computerraum genutzt wird und jeder Schüler einen Computer zur Verfügung gestellt bekommt. Auch eine Möglichkeit ist es, die Schülerinnen und Schüler mit den eigenen Handys arbeiten zu lassen (also #byod = Bring your own device). Ein weiterer Vorteil: Auf diese Weise merken sie schnell, dass man auch produktiv mit Mobilgeräten arbeiten kann.
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Darüber hinaus bietet es sich an, den Schülern schon im Vorhinein die Aufgabe zu stellen, einen Account anzulegen, damit diese Zeit nicht vom Unterricht weggeht. Dabei ist zu beachten, dass die Schüler zwar anonyme Namen wählen sollten, jedoch auch ein Kürzel ausgemacht werden sollte, damit sich sich nicht zu lange suchen müssen (also so etwas wie „Superschüler8b2015“) und gegenzeitig identifizieren können.
Dabei sind Schülerinnen und Schüler meist vordergründig medienkompetenter als ihre Lehrer, was dazu führen kann, dass sie mehr Ahnung haben, als man denken mag. Aber das ist kein Nachteil, ganz im Gegenteil. Auf diese Weise können auch Schüler, die vielleicht fachlich nicht immer dabei sind, ihre Kompetenzen einfließen lassen.
Und natürlich sollte auch der Lehrer einen Account haben – was sich hinsichtlich pädagogischer und didaktischer Weiterbildung sowieso anbietet.
„Twitter im Unterricht ist kein Selbstzweck“
Twitter im Unterricht ist kein Selbstzweck. Das Thema des Unterrichts sollte klar im Fokus stehen und Twitter als eine methodische Erweiterung betrachtet werden. Beim Deutschunterricht kann der Lehrer Fragen zu einer Lektüre stellen (via eigenem Account und mit einem Hashtag #, der zuvor besprochen wurde). Die Schülerantworten können dann wiederum mit einem Beamer an die Wand projiziert werden (für Fortgeschrittene bietet sich eine sogenannte Tweetwall an).
Dabei geht es nicht darum, dass man nicht mehr sprechen darf. Vielmehr bietet Twitter die Möglichkeit, mittels seiner eigenen Funktionsweisen Beiträge, die viele besonders wichtig finden, hervorzuheben und weiterzuleiten. Dabei kommen die zuvor erwähnten Vorteile ins Spiel.
1. Die Öffnung des Unterrichts zur „Außenwelt“
Dieser Punkt wird vor allem dann fruchtbar, wenn man als Lehrperson schon einige andere Menschen aus der Bildung kennt. Denn die Gespräche, die man über ein Thema führt, sind ja öffentlich einsehbar. So kommen Impulse von anderen Menschen, welche die Schüler auf Dinge aufmerksam machen, die sie zuvor nicht bedacht hatten. Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass sich plötzlich Schüler aus anderen Stufen an Diskussionen beteiligen.
2. Die gemeinsame Rückmeldungen – stille Schüler kommen zu Wort
Ähnlich wie bei Facebook bietet Twitter durch das „faven“ eines Beitrags die Funktion an, einen Beitrag zu goutieren – also zu zeigen, dass er einem gefällt. Zusätzlich kann man einen Beitrag „retweeten“, d.h. man kann ihn auf seine eigene „Timeline“ weiterleiten, so dass alle eigenen „Follower“, also die Leute, die einem folgen und sehen, was man schreibt, sehen, was geschrieben wurde. Dies ist eine sehr spannende Möglichkeit für die Arbeit in der Klasse, z.B. wenn eine stille Schülerin oder ein Schüler einen Beitrag schreibt, der von allen positiv bedacht wird. Die Erfahrung mit der Arbeit über Twitter zeigt, dass so Impulse von Schülerinnen und Schülern kommen, die sich vielleicht nicht zugetraut hätten, sich zu melden.
3. Die Möglichkeit, Recherchefunde direkt zu teilen
Des Weiteren bietet Twitter natürlich die Möglichkeiten, die Twitter den Namen „Kurznachrichtendienst“ gaben. Wenn eine Schülerin eine Frage twittert, deren Antwort ein anderer auf einer Internetseite findet, kann der entsprechende Link direkt weitergeleitet und besprochen werden. Im Prinzip handelt es sich bei dieser Form des kollaborativen Arbeitens um ein Vorgehen, das den Schülerinnen und Schülern bereits aus ihrem Alltag bekannt ist. Hier geschieht es allerdings auf WhatsApp – ob mit oder ohne Lehrer.
Fazit: Überraschungen und ein „Ja, aber...“
Die bisherigen Erfahrungen mit Twitter im Unterricht haben mich staunen lassen. So beispielsweise als Schüler eines Abends über Twitter eine Textstelle besprachen. Überraschungen gibt es andererseits überall – man kann nicht alles antizipieren. Deshalb kann man zu dem häufig geäußerten Argument, dass digitale Medien ablenken oder Gefahren aufweisen, nur sagen: Gut so! Denn besser, die Lehrkraft ist dabei und sieht, was die Schülerinnen und Schüler machen, als dass dies im geheimen Kämmerchen geschieht.
Die bisherigen Erfahrungen jedenfalls zeigen, dass eine Klasse als Ganzes von der Twitter-Nutzung profitieren kann. Wenn dies Lust auf mehr gemacht hat, wünschen ich frohes Twittern!
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